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Julia­ne Kink­el, Kathol­ische Christ­in im Wider­stand

Juliane Kinkel wurde 1892 als Tochter des Sossenheimer Gemeindesekretärs Konrad Kinkel und Enkelin des Sossenheimer Bürgermeisters Jakob Kinkel geboren. Schon früh engagierte sie sich wie ihr Vater im katholischen Arbeiterverein, dem Vorläufer der KAB-Sossenheim, wie in der Sossenheimer Zeitung 22.11.1913 zu lesen war.

Foto um 1910 aus Juliane Kinkel, „Das Leben in Sossenheim vor hundert Jahren“,
aufgearbeitet von Günter Moos, 2010, S. 75

Nach ihrem Studium arbeitete sie zwischen 1914 und 1932 als Mittelschullehrerin in verschiedenen Schulen. Auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise 1932 wurde sie aus gesundheitlichen Gründen pensioniert.

Vergeblich bewarb sich bei Kriegsbeginn 1939 für den Schuldienst. 1940 wurde Juliane Kinkel aufgrund ihrer Fremdsprachenkenntnisse zur Arbeit als unbezahlte Dolmetscherin für die Zwangsarbeiter der Firma Jakob Noll, Silostraße 50, im Sossenheimer Volkshaus und die im örtlichen Kriegsgefangenenkommando STALAG IX B zur Arbeit verpflichtet.

Dort setzte sie sich umfassend für die Belange der Zwangsarbeiter ein und versuchte deren hartes Schicksal zu verbessern. Aus Briefen ehemaliger französischer Zwangsarbeiter geht hervor, dass sie sich dabei selbst in Lebensgefahr brachte und mit der Gestapo, Lagerführer K., Lagerarzt Dr. K. und Fabrikant K. in Konflikt geriet.

So versorgte sie im Geheimen erkrankte Zwangsarbeiter und verteilte Lebensmittel, teil aus ihrer eigenen Zuteilung. Insbesondere unterstützte sie die Zwangsarbeiter bei ihren Beschwerden über die katastrophale Unterbringung und die mangelhafte Verpflegung gegenüber dem Lagerleiter. Ihre Einstellung brachten ihr ernstliche persönliche Schwierigkeiten seitens der nationalsozialistischen Dienststellen und Anzeigen bei der Gestapo. Das Betreten des Lagers Noll wurde ihr verboten. Trotzdem half sie als der einzige deutsche Mensch im Lager

Nach dem Krieg wurde sie von den Nutznießern des Zwangsarbeitersystems beschuldigt, ebenfalls an den verübten Verbrechen beteiligt gewesen zu sein. Dies konnte durch die offiziell beglaubigten Briefe ehemaliger französischer
Zwangsarbeiter widerlegt werden, die ihrem persönlichen Einsatz höchsten Respekt zollten.

Diese ihre Geschichte ist auch im Buch „Frauen und Frankfurt, Spuren vergessener Geschichte“ von Barbara Bromberger und Katia Mausbach von 1987 beschrieben.

Foto aus Juliane Kinkel, „Das Leben in Sossenheim vor hundert Jahren“, S. 6

Juliane Kinkel starb 1986 in Sossenheim.

Quellen:

Barbara Bromberger und Katia Mausbach „Frauen und Frankfurt, Spuren vergessener Geschichte“ 1987 Juliane Kinkel, „Das Leben in Sossenheim vor hundert Jahren“, aufgearbeitet von Günter Moos, 2010 LAGIS Hessen Kriegsgefangenenlager Stalag IX B – STALAG militärischer Begriff für Stammlager, Wehrkreis Ziffer IX stand für Hessen, B für Bad Orb, Wegscheide für bis zu 8.000 Kriegsgefangene, die nicht in Bad Orb sondern in Lagern der Betriebe vor Ort untergebracht wurden. Aufgrund der harten Lebens- und Arbeitsbedingungen verstarben viele der Gefangenen – » Link
1706-2006 Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde St. Michael – Sossenheim, 2006, S. 93 (Auszug Sossenheimer Zeitung 22.11.1913)

Autor: Heinz Hupfer

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