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ausBlick November 2020 - Grußwort

Spaltpilz Covid-19 – Der Keil in Gesellschaft und Kirche

Liebe Leser*innen,

Covid-19 hat uns auch nach mehr als einem halben Jahr noch fest im Griff. Aber ein mögliches Medikament und/oder Impfstoff dagegen, lassen auf eine alte Normalität hoffen.

Sorge hingegen machen mir zwei Entwicklungen, von denen ich auch befürchte, dass sie nach der Pandemie bleiben, Gesellschaft und Kirche negativ verändert hinterlassen und einen Riss in Gesellschaft und Kirche erzeugt haben.

Der Lockdown hat die gesamte Gesellschaft schlagartig in eine massive Reduktion auf das schlicht Überlebensnotwendige – Gesundheit, Nahrung, Körper – geführt. Alles darüber Hinausgehende wurde schlicht ausgeschaltet. Durch die dramatische Entwicklung am Anfang wurden große Ängste geschürt, die zu großen Teilen das Verständnis von Leben, Individuum und Gesellschaft seltsam verändert haben. So zählt plötzlich nicht mehr der Mensch in seinem ganzen Wesen mit all seinen individuellen und sozialen Bedürfnissen, sondern nur noch der Erhalt der physisch-körperlichen Existenz. Das Gegenüber ist potentielle Virenschleuder, zu dem ich auf Abstand gehen muss, nicht mehr ein Mensch, dessen natürliche Nähe selbstverständlich ist. Es ist viel selbstgefällige Moral entstanden, unzählige selbsternannte Richter und Denunzianten be- und verurteilen das Handeln anderer.

Und obwohl der Mensch eigentlich zutiefst ein soziales Wesen ist, laufen wir Gefahr, uns gerade in eine sterile, fremdelnde und im schlimmsten Fall kulturlose Gesellschaft zu verwandeln, in eine Art modernes gesellschaftliches Eremitentum, das nach und nach verlernt, was Gemeinschaft bedeutet. Der Riss entsteht genau da, wo Menschen dies erkennen, nicht mehr mitmachen wollen und das Zusammen der Menschen in ihrer eigentlichen Form anmahnen und einfordern. Sie werden mit einer sehr selbstgefälligen Moral beschimpft und als asoziale Lebensgefährder versucht mundtot zu machen. Beispiele gibt es genug, auch in der Kirche.

Das kirchliche Leben wurde mit dem Lock down quasi ausgeknipst; keine Gottesdienste, keine Feste, keine Gruppentreffen. Kirchliche Gremien konnten nicht mehr arbeiten. Die Kirche habe sich dadurch selbst als nicht mehr systemrelevant degradiert – mit allen Folgen, sagen die Kritiker. Anderseits drängte sich sehr schnell ein neuer Schwerpunkt in den Vordergrund: Caritative Arbeit für (Hilfs-)Bedürftige landauf, landab und Kirche wurde von einer ihrer wichtigsten Seiten sichtbar. Ersatz für die nicht mehr vor Ort stattfindenden geistlichen Angebote wurde aus dem Boden gestampft.

Inzwischen sind Gottesdienste wieder möglich, ebenso Gruppentreffen. Aber viele Menschen bleiben fern. Die Gottesdienste und andere geistliche Angebote vor Ort, bei denen Gemeinschaft erfahrbar wird, sind selbst bei höheren Zahlen in der Teilnehmerbeschränkung dünn besucht, junge Familien bleiben der Kirche beinahe komplett fern. Auch hier ist eine Spaltung zu erkennen zwischen denen, die dennoch wieder treu kommen und denen, die sich offensichtlich leise von der Kirche (vermutlich nicht aber dem Glauben) verabschiedet haben.

Es heißt, das Covid-19 ein Brandbeschleuniger für eine sich verändernde Kirche sei und die Veränderungen ohnehin zu erwarten gewesen wären. Es mag stimmen, dass Gottesdienstformate und die Form der Verkündigung oft nicht mehr zeitgemäß sind und sich ändern müssen. Wenn aber offensichtlich das Grundverständnis für den christlichen Glauben als gemeinschafts- und sozialstiftendes Element – und als somit auch als Gemeinschaft mit Christus - nachhaltig verloren geht, ist es bedenklicher, als die sich verändernden Formen von Liturgie und Verkündigung.

Ich hoffe und wünsche unser Gesellschaft und unserer Kirche, dass beides nicht eintritt und wir Wege aus diesem Dissens finden.

Stefan Abel, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates

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